Kommunikations-Tricks aus Bolivien

Stephan Lehmann-Maldonado

In La Paz tagt das Parlament so hoch wie sonst nirgends in der Welt. Und in Sachen Kommunikation ist es auch auf der Höhe. Drei Beispiele aus der Praxis zeigen, wie die Regierung ihr widerspenstiges Volk zum Guten erzieht – ganz ohne Drohgebärden.

Wer in der Stadt nicht konsequent um jeden Millimeter auf der Strasse kämpft, kommt nicht weit. Die vollgestopften Strassen sind zwar mit modernste Ampeln und Fussgängerstreifen versehen, inwieweit diese von den Autofahrern beachtet werden, liegt jedoch grösstenteils in deren Ermessen. Zum Leidwesen der Fussgänger. Wie soll sich dieses schwache Glied im Verkehr wehren?

Zebras am Fussgängerstreifen

Die Regierung hat in die Trickkiste gegriffen: Am Prado, der Vorzeigemeile der Stadt, lässt sie Zebras patrouillieren – eine Art Verkehrskadetten, die sich als Zebras verkleiden. Diese Zebras stoppen die frechsten Raser mit einem Wink. Und sie bringen den Passanten bei, dass sie den Zebrastreifen benutzen sollten. Das alles verläuft reibungslos, ohne Bussen, Belehrungen und Aggressionen.

Schliesslich sind es nicht Polizisten, welche den Verkehr regeln, sondern liebevolle, exotische Tiere. Sie bieten keinerlei Angriffsfläche.

Merke: Je schwieriger eine Botschaft zu vermitteln ist, desto wichtiger ist die Wahl des Botschafters.

Müllabfuhr mit Musik

Ein unangenehm riechender Nebeneffekt des städtischen Lebens in La Paz ist der Abfall, der sich in vielen Gegenden anhäuft. Dabei gibt es eine zuverlässige öffentliche Müllabfuhr. Wie bringt man das Volk also dazu, den Abfall nicht auf die Halde zu werfen, sondern vorschriftsgemäss zu entsorgen?

Ganz einfach: Die Müllwagen sind mit Lautsprechern ausstaffiert. Wenn immer eine süssliche Melodie durch die Hauswände dringt, wissen die Pazeños, dass es Zeit ist, die Abfallsäcke zu entsorgen …. Musik statt Gestank lautet das Motto.

Das zeigt wieder einmal: C’est le ton qui fait la musique. Auf den Ton kommts an.

Gewinnspiel statt Schattenwirtschaft

Jetzt wird es etwas abstrakt: In den meisten Industriestaaten haben sich die Menschen ans Steuern zahlen gewohnt. Ja, mitunter unterstützen Unternehmer sogar Steuererhöhungen – weil die Steuern schliesslich einem edlen Zweck, nämlich dem Staatswesen, dienen.

In Südamerika ist das diametral anders. Die Menschen misstrauen a.) grundsätzlich dem Staat und sind b.) unwillig ihm seinen Obolus zu entrichten. Dabei sind die zu entrichtenden Beiträge vergleichsweise sehr gering. Die Gesamtabzüge eines privilegierten, leitenden Angestellten in Bolivien umfassen beispielsweise nur etwa 15 Prozent seines Einkommens.

Der Unwille, Gewinne mit dem Staat zu teilen, hat über Jahrzehnte hinweg dazu geführt, dass sich ein Grossteil der Wirtschaft im Schatten abspielt. Verständlich, dass die Regierung dies ändern will.

Hierzu nutzt sie einen Klassiker der Werbekommunikation: einen Wettbewerb, bei dem es Autos zu gewinnen gibt. Daran teilnehmen kann aber nur, wer brav bei jedem seiner Einkäufe und bei jeder Restaurantkonsumation eine Rechnung anfordert, welche auf seinen Namen lauten muss – versehen mit der persönlichen Identifikationsnummer (Carnet), ohne die in Bolivien nichts läuft.

Anhand der Identifikationsnummern verlost das zuständige Amt nun regelmässig Autos unter den anständigen Bürgern. Und, o Wunder: deren Zahl wächst rasant.

Die Moral dieser Story: Wenn alles andere nicht mehr weiterhilft – warum es nicht einmal mit einem Gewinnspiel versuchen? Je attraktiver die Gewinne, desto grösser der Erfolg.

 Alpaca ahoi: Jetzt kommentieren und gewinnen!

Dieser Trick sei auch an dieser Stelle versucht: Die ersten 10 mutigen Menschen, die einen Beitrag auf dieser Website kommentieren und identifizierbar sind, erhalten handgemachte Handschuhe aus reiner Alpaca-Wolle von Lemal geschenkt – natürlich aus Bolivien.

Und was meinst du?

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert


Der Zeitraum für die reCAPTCHA-Überprüfung ist abgelaufen. Bitte laden Sie die Seite neu.

1 Kommentar
  • Staibock
    3. November 2017

    Ha! das lass ich mir nicht nehmen…. schliesslich: wer will nicht als mutig gelten?! und Alpaca-Handschuhe klingen zusätzlich wohlig warm.

    wichtiger jedoch: interessanter Einblick in die „nudging“-Methoden der Bolivianischen Regierung – klingt unkonventionell und unbürokratisch. glaube tatsächlich auch, dass Witz und Esprit und Charme sehr oft mehr bringen als Druck und Argumente und Zwang. Gerade auch, wenn man nachhaltige Verhaltensänderungen bewirken will.

    viel Erfolg mit der SagBar!

    • Stephan Lehmann-Maldona
      3. November 2017

      Wohlig weich sind Alpaca-Handschuhe allerdings – und erst noch fast unzerstörbar. Jedenfalls, wenn man sie benutzt und nicht den Motten überlässt …